Nachdem die für dieses Wochenende geplante Sauerland-Tour kurzfristig hatte ausfallen müssen, ging ich rasch auf die Suche nach einer adäquaten Ersatzlösung. Fündig wurde ich im jüngsten Heimatbuch über die Haard, in dem Bruno Oelmann unter dem Titel "Zum Vergessen zu schade" viele ihrer historischen Orte anschaulich beschreibt.
Schon im März hatte ich erstmals über diese literarische Schatzkiste spannender Geschichten und Mythen aus meinem Lieblingswald berichtet und dies sogleich mit zwei interessanten Exkursionen verbunden (siehe "Haard 85" und "Haard 86"). Nun also der dritte Streich, der mich erneut in die Vergangenheit der Haard entführte und mit dem ich auf einer diesmal 17 km langen Route weitere tolle Anlaufpunkte miteinander verband.
1.) Die Hügelgräber
Schon vor 4.000 Jahren war die Umgebung der Haard durch verschiedene Stämme besiedelt. Meist wurden deren Verstorbene nach ihrer Einäscherung in Urnen bestattet. Hierfür schüttete man, besonders wenn es sich um Anführer handelte, gewaltige Hügel über die Urnen auf, oft mit einem Durchmesser von zehn Metern oder mehr. Besonders in der nördlichen Haard sind bis heute zahlreiche dieser Grabhügel auszumachen. Sie sind als Bodendenkmäler ausgewiesen und stehen unter besonderem Schutz.
2.) Der Opferstein
Zu den germanischen Stämmen, die sich hier ansiedelten, gehörten auch die Brukterer. Besonders ihnen werden verschiedene Riesensteine zugeschrieben, auf denen sie ihren Göttern (zu denen auch Odin, Thor und Donar zählten) Tieropfer darbrachten. Eindeutig belegt sind diese religiösen Riten nicht, doch die Beschaffenheit der Findlinge mit ihren durchweg glatten und immer wieder seitlich geneigten Oberflächen gibt ein starkes Indiz hierfür ab. Einer dieser gewaltigen Opfersteine ist an der Balkenschlenke zu finden, nur wenige Meter östlich der alten Redderstraße.
3.) Der Grenzstein "Hunges Föllen"
Schließlich führte mich meine Runde noch zu "Hunges Föllen". So heißt ein alter Grenzstein, der, was historische Urkunden des Vestischen Archivs in Recklinghausen belegen, zusammen mit vielen anderen Grenzsteinen am 22. oder 23. März 1651 gesetzt und seitdem nicht mehr von dieser Stelle wegbewegt wurde. Und warum sollte er auch - denn seine Lage, an dem die damaligen Grenzen zwischen "Oerer", "Ahsener" und "Diller Mark" zusammentrafen, entspricht heute exakt dem Drei-Städte-Eck von Oer-Erkenschwick, Datteln und Haltern am See.
Der Name "Hunges Föllen" geht einer Überlieferung zufolge auf einen Bauern namens Hunge zurück, dem an dieser Stelle ein totes Fohlen, das er auf seiner Waldparzelle begraben wollte, vom Karren rutschte und er sich deshalb entschloss, es gleich hier unter die Erde zu bringen. Eine andere Version erzählt die Sage aber so, dass das Fohlen von seiner Weide entwischte und nach acht Tagen verhungert in der Haard gefunden wurde, eben genau an der Stelle des Grenzsteins.
Nachdem man gleich zu Beginn dieser Runde eines der größten Hügelgräber passiert hat, führt der Weg anschließend durch die nördlich des Waldes gelegenen Felder und Wiesen. Und obwohl man sich auf einem Wanderpfad befindet, ist hier kurioser Weise ein Weidezaun zu überklettern. Der kann (wenn man Pech hat) gerade elektrifiziert sein, sollte wegen seiner geringen Höhe für die allermeisten aber kein Problem darstellen. Auch verwöhnt die Route in ihrem weiteren Verlauf immer wieder mit wunderschönen schmalen Pfadabschnitten.
Ja, die Haard ist nicht nur ein erstklassiges Wandergebiet, sondern sie schlägt auch (für den der will) spannende Brücken in ihre mystische und ereignisreiche Vergangenheit.
Start- und Zielpunkt: Wanderparkplatz "Dachsberg", 45721 Haltern am See (Flaesheim).
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