Kaum von meiner jüngsten "Zeitreise" durch die Haard zurückgekehrt, war ich schon auf eine Fortsetzung heiß. Denn die historische Geschichtensammlung über meinen Lieblingswald hatte mich mehr in ihren Bann gezogen als gedacht. Und auch diesmal ließ sich aus dem schon im letzten Beitrag beschriebenen Heimatbuch genügend Stoff für eine weitere Wandertour zutage fördern.
Um wegen des Streiks einer wohl noch schlimmeren Rushhour als sonst zu entgehen, war ich so früh losgefahren, dass ich es anschließend vom Parkplatz "Küsberg/Holtgarde" aus sogar noch pünktlich zum Sonnenaufgang bis auf den Farnberg-Turm schaffte. Ich liebe dieses Naturschauspiel einfach. Denn auch jetzt zeigte es mir wieder, wie unfassbar friedlich diese völlig aus den Fugen geratene Welt in solchen wertvollen Minuten sein kann.
Den ganzen Tag hätte ich hier oben verbringen können. Andererseits gab heute aber auch noch viel zu entdecken. So schulterte ich meinen Rucksack, um ein weiteres Mal in die spannende Vergangenheit der Haard einzutauchen.
1.) Dingstätten für das Markengericht
Im Mittelalter wurden Versammlungsplätze, die als sogenannte Markengerichte dienten und an denen (meist in freier Natur) Recht gesprochen wurde, als "Dingstätten" bezeichnet. So geht aus einer Urkunde von 1166 hervor, dass es im Bereich der Haard "zur Wahrung der Rechte des Waldes [...] drei Orte der Zusammenkunft gibt". Während sich der erste in Oer befunden haben soll, werden die zwei anderen Stellen als "Baukhold" und "Sturmbroke" bezeichnet.
"Baukhold" befand sich in der Nähe des "Hilligen Boams". Dem Heiligen Baum, unter dem sich bereits die alten Germanen zur Fällung ihrer "Thingurteile" getroffen haben sollen. Dort, wo sechs Wege und Pfade der Haard zusammenlaufen (unter ihnen die Hauptwanderwege "Flaesheimer Straße", "Halterner Weg" und "Flaesheimer Meilerweg"), steht heute ein gewaltiges Holzkreuz.
"Sturmbroke" lag wahrscheinlich an einem kleinen Teich, unweit der Stelle, wo heute der Weg "Im Grund" in die Ahsener Allee mündet. Hier hat sich bis etwa 1923 eine alte Waldhütte befunden, die ursprünglich für die Durchführung der Markengerichte gedient haben könnte, bis diese zu Beginn des 19. Jahrhunderts überflüssig wurden.
2.) Das Standbild "St. Johannes"
Das Standbild des Heiligen Nepomuk wurde 1766 von der Witwe des Oberjägers Johannes Binsfeldt aufgestellt. Dieser wurde (so die Legende) im Wald von einem tollwütigen Hund gebissen und verstarb an den Folgen. Seit 1921 wird die bis dahin freistehende und schon teils verwitterte Statue von einer kleinen Kapelle geschützt.
3.) Der Römerbrunnen
Der "Römerbrunnen" wurde erstmals im Jahr 1614 erwähnt. Während die mit einem hohlen Eichenstamm eingefasste Wasserstelle einer Holzuntersuchung zufolge aus dem Jahr 860 stammt und die Römer gar nichts mit ihr zu tun haben, bleibt ihr ursprünglicher Zweck aber ein Rätsel. Die reine Funktion einer Viehtränke kommt ebenso in Betracht wie das Vollziehen christlicher Taufrituale, wofür die ungewöhnliche Tiefe des Brunnens von 1,80 Meter spricht.
4.) Die Grenzkiefern
Als die letzte meiner heutigen Stationen besuchte ich die sogenannten Grenzkiefern. Diese beiden 200 Jahre alten, aber leider schon weitgehend abgestorbenen Baumriesen wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts von den Besitzern der damals neu aufgeteilten Marken als Grenzbäume gepflanzt. Eine Funktion, die ihnen dank ihres Standortes in einer Schneise bis heute anzusehen ist.
Der Rückweg zum Parkplatz führte dann größtenteils über kleine und hügelige Pfade, die einen schönen Abschluss für diese 16-Kilometer-Runde bildeten.
Start- und Zielpunkt: Wanderparkplatz "Küsberg", 45739 Oer-Erkenschwick
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