Der Rheinsteig (2) Löwenburg, das Auge Gottes und die Erpeler Ley

Von Rhöndorf bis Linz



Dienstag,
20.02.2024

Kilometer
33,5

Höhenmeter
↑ 1.200 / ↓ 1.198

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Startpunkt

Zielpunkt

Bahnhof Rhöndorf
53604 Bad Honnef

Bahnhof Linz
53545 Linz am Rhein



"Bringt auf jeden Fall eine Grundkondition mit. Sonst geht ihr hier baden". So formulierte es passender Weise mal ein Youtuber in seinem eigenen Rheinsteig-Bericht. Klar, von Rhöndorf aus hätte es mit Bad Honnef (16 km) und Unkel (23 km) zwei deutlich kürzere Alternativen für ein Tagesziel gegeben. Dass ich trotzdem gleich bis Linz durchwanderte und am Ende mehr als 37 Kilometer auf dem Navi standen, hatte vor allem auch private Gründe. Aber auf die gehe ich erst am Ende ein. 

Die Anreise mit der DB klappte perfekt, so dass ich pünktlich um 6:30 Uhr in Rhöndorf losmarschieren konnte. Im Ort half mir noch das Laternenlicht. Aber kaum hatte ich die Stiege an der Löwenburgstraße betreten, verschluckte mich absolute Dunkelheit. Nur die Stirnlampe ermöglichte es mir, den ersten Teil meiner Strecke noch vor Sonnenaufgang zurückzulegen. Zumal ich jenen Abschnitt bis zum Löwenburger Hof noch vom "Bergischen Weg" kannte und ich - angesichts der im Februar immer noch relativ kurzen Tage - mit Linz ein ziemlich ambitioniertes Tagesziel anstrebte. 

Und dann kam er plötzlich: dieser schreckliche, alles in Frage stellende Moment, in dem man unvermittelt stehen bleibt und die Sinnfrage über einen kommt. "Was machst du hier eigentlich?" fragte mich plötzlich dieser gehessige kleine Mann im Ohr, der nichts lieber tat als Selbstzweifel zu säen. Und tatsächlich schaffte er es, dass ich mich - vielleicht für wenige Sekunden - plötzlich in mein kuscheliges warmes Bett zurückwünschte, statt durch diesen dunklen und dunstgeschwängerten Wald zu wandern. 

Dann war sie wieder fort, die Vision, so schnell wie sie gekommen war, und ich ging weiter. Ab der Breiberghütte konnte ich dank der einsetzenden Morgendämmerung auf mein künstliches Licht verzichten. Aber der Sonnenaufgang, zu dem ich punktgenau den Löwenburger Hof erreichte und dort über die Obstwiese gen Osten sah, verschlug mir die Sprache. Und er war die perfekte Antwort auf jenen Augenblick, der gerade erst alles in Frage zu stellen versuchte. Ja, dachte ich, genau deshalb bist du hier

Trotz des relativ weiten Weges, der noch vor mir lag, ließ ich mir den Abstecher auf die Löwenburg nicht nehmen. Sie gehört zwar nicht direkt zur Rheinsteig-Route, aber es wäre unverzeihlich, sie - hier vorbeikommend - einfach liegenzulassen. Es sind einige Höhenmeter extra, doch jeder, der von der Ruine hinunter ins Rheintal blickt, vergisst diese Strapazen sofort. Und ich erinnerte mich daran, zum letzten Mal im September 2017 hier gewesen zu sein, als ich die "Großen Sieben" in einer eigenen Rundwanderung miteinander verband.

Von den beiden anspruchsvollsten Anstiegen, die der heutige Weg verzeichnet, hat man - auf der Löwenburg angekommen - den ersten schon mal in seiner Tasche. So geht es von hier aus den größten Teil der gerade erst bewältigten Höhenmeter sofort wieder bergab, bis zur Schmelztalstraße und den parallel verlaufenden Ohbach. Hier, wo das Siebengebirge langsam in den Westerwald überzugehen beginnt, wird der bis jetzt breite und bequeme Weg zu einem Pfad, der unvermittelt wieder ansteigt. Das sind dann auch die Passagen, in denen der völlig aufgeweichte Boden derzeit zur großen Herausforderung wird.

Am Ende der Steigung übernimmt für zwei Kilometer ein breiter Schotterweg, während rechts, wie ein nachträglicher Gruß, noch einmal die Dimensionen des Löwenburg-Aufstiegs deutlich werden. Dann biegt die Route plötzlich rechts auf die sogenannte "Himmerichbahn" ab und führt wieder steil abwärts. Es folgt das idyllische Mucher Wiesental, bis der Weg - kurz vor einem Wohngebiet und diesmal nach links - erneut scharf abknickt. Hier verlor ich den Weg für ein kurzes Stück, konnte aber nach etwa hundert Metern, die ich mich durchs Unterholz schlug, auf die Route zurückfinden. Und die steht nun vor ihrer zweiten großen Steigung, die zwar nicht besonders steil, aber dafür umso ausdauernder ist. 

Oben auf dem Kamm vollzieht sich dann der Übertritt von Nordrhein-Westfalen nach Rheinland-Pfalz. Ein schöner Platz, wo das "Auge Gottes" in Form eines Bildstocks an eine Legende erinnert, nach der einem gewalttätigen Jäger die grelle Sonne als ein blendendes Auge erschien und ihn so davon abgehalten haben soll, eine Hirschkuh zu schießen. 

Teils harmlos, teils abenteuerlich, windet sich der Weg nun ins Tal und folgt dabei zeitweise einem kleinen namenlosen Bach. Kaum hat man die Westerwaldstraße gestreift, ist in einem Windwurfgebiet beim Über- und Unterklettern einiger Baumstämme Geschicklichkeit gefragt. An einer Kriegsgräberstätte vorbei, öffnet sich der Wald bei Gut Haanhof zwischendurch mal, und bei tollen Fernsichten geht es hier eine schöne Allee entlang. 

Wieder im Tal, kündigt das rauschende Wasser die Kaskade von Unkel an. Neben dem etwa sieben Meter hohen Wasserfall führt die Route direkt wieder in den Wald hoch, am Stuxberg vorbei und schließlich bis in den Ort Orsberg hinauf. Und auch wenn es auf den ersten Blick konfus erscheint: tatsächlich führt die Rheinsteig-Route gegenüber des Soldatendenkmals in die klitzekleine Brunnengasse hinein und dann zwischen eng stehenden Häuschen und Gärten hindurch. Man überquert eine Koppel, kehrt in den Wald zurück und hat Dank der erreichten Höhe keinen weiteren nennenswerten Aufstieg mehr zu bewältigen bis zum eigentlichen Highlight: der Erpeler Ley!

Es ist eine Etappe, auf der sich der Rhein schon zu Beginn nach wenigen Schritten in Rhöndorf dem Auge entzog. So hatte der Moment, als ich 28 Kilometer später auf den Rand der fast 200 Meter hohen Steilklippe der Erpeler Ley zuging und sich unter mir unvermittelt das Rheintal auftat, fast etwas Magisches. Ich fühlte, wie eine Woge der Euphorie mich durchströmte. Ein Hochgefühl, das mit Worten schwer zu beschreiben ist. Aber warum auch? Jeder Fernwanderer, da bin ich sicher, kennt genau solche Augenblicke. 

Nach einer ganzen Weile des Genießens machte ich mich an die nun noch ausstehenden fünf Kilometer bis Linz. Und auch die hatten es in sich. Besonders der Abstieg nach Kasbach war es, der sich wegen des steilen und völlig verschlammten Untergrunds als äußerst haarig erwies. Gleich hinter dem Viadukt der Kasbachtalbahn geht es erneut einen Waldpfad hinauf, der in den Ort Ockenfels und zu seiner gleichnamigen Burg führt. Während sich nun ein toller Rheinblick an den nächsten reiht, sollte man dabei aber auch immer mal einen Blick zurück werfen - es sei denn, man will sich das von hier aus nicht weniger eindrucksvolle Relief der Erpeler Ley entgehen lassen. 

Hinter Burg Ockenfels führt die asphaltierte Strecke nun durch ein Wohngebiet - und fast könnte man überzeugt sein, dies sei es für heute mit den steilen Hangwegen und abschüssigen Pfaden gewesen. Nein, der "Mannenbergspfad" wartet noch, und ist tatsächlich die letzte Herausforderung, bevor es (samt eines finalen Rheinblicks südwärts) endgültig hinab nach Linz geht. Hier an der Hauptstraße, lässt sich die Rheinsteig-Route dann auch gut unterbrechen. So habe ich den verlinkten Track an dieser Stelle angepasst, damit er von hier aus unmittelbar zum Linzer Bahnhof führt. 

Ich selbst machte mich dagegen noch auf den Weg zum Waldfriedhof, wo eine Großtante von mir, die 70 Jahre ihres fast 92jährigen Lebens Ordensschwester der Franziskanerinnen war, ihre letzte Ruhe gefunden hat. Das Mutterhaus ihres Ordens befand sich auf der Rheininsel Nonnenwerth, unweit von Rhöndorf, wo ich heute morgen aufgebrochen war. Jetzt, nach dem Erreichen meines Ziels ihr Linzer Grab nicht zu besuchen, hätte meine Wanderung - trotz ihres Erlebnisreichtums und vieler umwerfender Eindrücke - zu etwas Unvollständigem gemacht. 

So stand ich am Ende dieses großartigen Tages erschöpft, aber glücklich, vor dem Gemeinschaftsgrab ihres Ordens, und das machte es für mich noch einmal ziemlich bewegend. Ich wurde mir der seltenen, aber genau deshalb umso wertvolleren Begegnungen mit ihr bewusst und fühlte plötzlich, dass sie mir in diesem Moment besonders nahe war. Vielleicht, weil sie mich sah und sich gerade genauso freute wie ich.

Start bei Nacht: oberhalb von Rhöndorf

Aufstieg am Großen Breiberg

Erstes Morgenlicht an der Breiberghütte

Blick über die "Löwenburger Obstwiese"

Löwenburger Hof

Angekommen auf der Löwenburg

Höchster Punkt für heute: die Ruine der Löwenburg

Entspannter Weg bergab

Schlammreiche Bachtäler

Imposanter Blick zurück auf die Löwenburg

Normale Verhältnisse heute

Die Mucherwiesen

Unsichtbare Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen
und Rheinland-Pfalz

Erstes Wegelogo in Rheinland-Pfalz

Das "Auge Gottes"

Bergabwärts in Richtung "Breite Heide"

Das Virneberger Kreuz

Die Reste einer alten Aufbereitungsanlage für Kupfererz

Der Weg führt durch eine Windwurfzone

Kriegsgräberstätte bei Bruchhausen

Guter Blick auf den Drachenfels und die Wolkenburg

Allee bei Gut Haanhof

An Weinbergen entlang ins Tal

Vielfalt der Weine

Die "Kaskade von Unkel"

Es geht den Stuxberg hinauf

Steiler Bergpfad vor Orsberg

Soldatendenkmal in Orsberg

Originelle Wegführung des Rheinsteigs

Schutzgatter einer Koppel

Ankunft auf der "Erpeler Ley"

Blick auf Remagen (links) und Erpel (rechts)

Die Apollinariskirche von Remagen

Blick auf Remagen und den Brückenkopf

Der historische Brückenkopf an der westlichen Rheinseite

Aussichtspunkt am "Zeppelinstein"

Viele Stufen führen nach Kasbach hinunter 

Das Viadukt der Kasbachtalbahn

Die Ostflanke der Erpeler Ley

Erster Blick auf Linz

Burg Ockenfels

Letzter Blick zurück zur Erpeler Ley

"St. Martin" in Linz

Mein heutiges Ziel.