Irgendwann, heißt es, wartet auf allen Langstreckenwanderungen dieser eine so absolut überwältigende Moment, der jedem Wanderer das eine oder andere Tränchen über die Backen kullern lässt. Mich erwischte es heute hinter einer unscheinbaren Wegbiegung, wo sich plötzlich ein atemberaubender Weitblick über den tief unter mir liegenden Baldeneysee auftat - und im gleichen Moment die Sonne über dem Horizont erschien, um sofort die letzten verbliebenen Nebelschwaden aufzulösen.
Vielleicht spielte auch die wochenlange Tristesse des grau-nassen Wetters eine Rolle, die eine gefühlte Ewigkeit lang wie eine bleierne Decke auf mein Gemüt drückte. Und jetzt durfte ich prompt Zeuge des Augenblicks sein, in dem die Sonne schließlich doch ihren Kampf gegen die dunklen Wolken gewann - zum ersten Mal richtig in diesem Jahr.
Ja, ich fühlte mich wie umarmt von Mutter Natur, kaum dass ich heute auf dem "Bergischen Weg" losgegangen war. Und damit sind wir bei meinem ersten mehrteiligen Wanderprojekt, das mich (so Gott will und alles nach Plan verläuft) durch das Jahr 2023 begleiten wird.
Das Bergische Land ist eine wunderbare Wandergegend, die ich aber in den letzten zwei Jahren ziemlich vernachlässigt habe. Umso größer war nun der Drang nach einem Wiedersehen. Nicht nur kurz, nein, ich suchte mehr. Was passte da besser als die Route des 260 Kilometer langen "Bergischen Wegs"? Der zudem in meiner Wahlheimatstadt Essen beginnt und bis auf den Drachenfels bei Königswinter führt.
So startete ich am heutigen frühen Morgen am S-Bahnhof "Stadtwald", von wo aus zunächst anderthalb Kilometer bis zum eigentlichen "Trailhead" auf dem Baldeneyer Berg zu bewältigen sind. Dort oben empfing mich dann auch das erste orangefarbende Wegelogo, das den Wanderer schon auf dem ersten Abschnitt unterhalb der Burgruine Isenburg und der Korteklippe entlang durch die Ruhrsteilhänge leitet.
Kurz vor der alten Schachtanlage Carl Funke erreicht man das Ufer des Baldeneysees, das einem nun bis zur alten Eisenbahnbrücke, über die man von Heisingen nach Kupferdreh wechselt, erhalten bleibt. Zuvor aber noch durchquert man das idyllische und tierartenreich bevölkerte Vogelschutzgebiet des "Heisinger Bogens".
Nach einem kurzen Abstecher zum Hardenbergufer zurück folgen dann bald die nächsten Höhenmeter, die über den "Augustasteig" in die Hammer Mark hinauf führen. Das Gebiet ist überwiegend bewaldet, bietet auf Hochebenen aber auch zur Abwechslung schöne Fernsichten.
In das Hespertal hinein fällt der Weg dann wieder recht steil ab. Hat man den Gutshof Oberhespe passiert, gesellt sich vorübergehend der kleine Rosentalbach zum Wanderpfad. Kurze Zeit später geht es aber erneut bergauf und über einen Hohlweg in den Langenhorster Wald hinein. Hier sind die Wege meist breit und gut begehbar. Und es fällt gar nicht weiter auf, ganz nebenbei von der Stadt Essen in den Kreis Mettmann zu wechseln und damit "offiziell" das Bergische Land zu betreten. Man gelangt dann ein weiteres Mal zurück ins Tal und wandert hier unter die schwindelerregend hohe Autobahnbrücke der A 44 hindurch.
Ein kleiner Privatweg stellt nun die Verbindung zum Rottberg her, wo man durch weitere Wälder und über schöne Wege und Pfade hinauf zur nächsten Hochebene gelangt. Hier erreicht man dann die Rottberger Straße, der nun für ca. 1,5 Kilometer über einen parallel verlaufenden Fahrradweg zu folgen ist. Nicht der schönste Abschnitt, aber scheinbar alternativlos. Und an der dortigen Ampelkreuzung endete dann nach etwa 19 Kilometern diese erste Etappe für mich.
Ja, auch diesmal bin ich wieder von der offiziellen Etappenvorgabe abgewichen. Vor allem, weil sich hierdurch eine bessere Anbindung an den ÖPNV erzielen ließ. So werden aus den vorgegebenen 14 Teilstücken in meinem Fall voraussichtlich nur zwölf, die dann entsprechend etwas länger ausfallen. So aber konnte ich von hier aus schon mal gut die erste Rückfahrt nach Essen antreten.
Ein gelungener Einstand, der mir zeitweise auch ein Wiedersehen mit dem Baldeney- und Neanderlandsteig bescherte und große Vorfreude macht auf die vor mir liegende Strecke bis ins Siebengebirge.
Startpunkt: S-Bahnhof "Essen-Stadtwald"
Zielpunkt: Bushaltestelle "Rottberger Straße", Velbert.
Erstelle deine eigene Website mit Webador