Von Rüdesheim bis Johannisberg
Startpunkt
Zielpunkt
Fähranleger (Autofähre)
65385 Rüdesheim am Rhein
Winzerhaus Johannisberg
Rosengasse 25
65366 Geisenheim
Während meiner Hinfahrt nach Rüdesheim hatte es die Bahn mal wieder spannend gemacht. Da morgens an der rechten Rheinseite südlich von Koblenz offenbar große Probleme herrschten, reiste ich stattdessen linksrheinisch über Bingen an und setzte von dort mit der Autofähre über. Das klappte ganz gut, auch wenn sich der weitere Tagesablauf um anderthalb Stunden verschob.
Der landschaftliche Wandel vom Mittelrheintal zum Rheingau hatte sich ja schon während der letzten Etappe abgezeichnet. Hier aber vollzog er sich jetzt endgültig und so tiefgreifend, dass es mich dann doch noch einmal überraschte. Und fast hätte man wetten können, auf einem völlig anderen Wanderweg unterwegs zu sein, wäre da nicht nach wie vor das beruhigende Logo der Rheinsteig-Beschilderung gewesen.
Keine Spur also mehr von schroffen Felspfaden, schmalen Hangwegen und markanten Klippen. Stattdessen bewegte ich mich über oft breite Wanderwege durch ein weites Gelände aus sanften Hügeln - das mal Fernblicke auf den Rhein zuließ, in dem ich aber immer wieder auch von Wäldern umgeben war.
Um vom Fähranleger aus auf den Rheinsteig zu gelangen, hatte ich zunächst einen nicht zu unterschätzenden und am Ende auch äußerst stufenreichen Anstieg mitten durch die Weinberge von Rüdesheim zu bewältigen. Und da die schnucklige kleine Gondelbahn noch nicht fuhr, kam ich gar nicht erst in Versuchung, über jene sonst deutlich bequemere Art der Höhengewinnung auch nur nachzudenken.
Am Niederwaldtempel stieß ich genau dort wieder auf den Rheinsteig, wo ich ihn beim letzten Mal verlassen hatte. Und der verläuft nun nach einem anfangs kurzen Waldintermezzo für vier Kilometer durch die Rebhänge. Gerade von oben zeigt sich eindrucksvoll, welch riesige Fläche die Weinberge des Rheingaus im Vergleich zu den engen Steilhängen des Mittelrheins einnehmen. Bis nach Eltville erstrecken sie sich nun.
Der Rheinsteig dagegen wird im Verlauf der heutigen Tour noch einen kreativen und abwechslungsreichen Umweg durch Wald und Felder nehmen - und auch das Höhenprofil dabei nochmals einige seiner zahlreichen Register ziehen. So mag die Etappe bereits einen Vorgeschmack liefern auf das, was den Wanderer auch nach ihr auf dem verbleibenden Weg bis nach Wiesbaden erwartet.
Neben der allgegenwärtigen Natur sind diesmal aber auch mehrere sakrale Anlaufpunkte dabei. So wartet schon ziemlich zu Beginn (und noch in den Weinbergen) mit "St. Hildegard" ein im Jahr 1900 gegründetes und in der Tradition der Heiligen Hildegard von Bingen stehendes Benediktinerinnenkloster.
Wenn sich die Route dann später von den Weinbergen löst, führt sie ins Blaubachtal hinunter. Auch die Fernblicke auf den Rhein enden damit erst einmal. Stattdessen treten Armadas von Mücken auf den Plan, die sich im schattigen Wald - noch dazu in Bachnähe - naturgemäß wohler fühlen als zwischen den sonnenbeschienenen Rebhängen.
Moderat geht es bergauf, bis man (ein Stück dem sogenannten "CO2-Pfad" folgend) die Antonius-Kapelle passiert, ein Wohngebiet streift und etwas später im Wald auf die Ketteler Kapelle trifft. Die bietet auch einen schönen und schattigen Platz für eine Rast. Im Anschluss führt ein kleiner Pfad zur Wallfahrtskirche Marienthal und dem gleichnamigen Franziskanerkloster hinunter, dem nächsten eindrucksvollen Ort geistigen Lebens.
Ja, spätestens hier sollte man denn auch Leib und Seele erfrischen, denn mit dem kurz darauf einsetzenden Anstieg wartet ein ziemlich brachiales Stück. Er ist nicht allzu lang, aber dafür richtig knackig. Angekommen auf dem Philosophenweg, hat man die Plackerei dann überstanden - und darf sich einer deutlich gemütlicheren und allenfalls leicht weiter bergan führenden Waldpassage hingeben.
Jenseits der Landstraße beginnt sich der Baumbestand aufzulockern, und prompt kehren auf einer grasbewachsenen Hochebene auch die Weitblicke wieder. Dann folgt ein Waldpfad der urigsten Sorte, in dessen Schatten ich vorübergehend noch einmal vor der zunehmend heißen Mittagssonne geschützt war. Schließlich bildet eine Steinmauer, wie durch eine Pforte, den Übergang in die weitläufigen Weinberge zurück.
Dieser Weg durch die Reben würde nun eine ganze Weile so fortlaufen, hätte ich mir hier nicht den Zielpunkt meiner heutigen Etappe gesetzt. Ein Break, der gerade jetzt wie eine glückliche Fügung wirkte. Denn durch meinen verspäteten Start hatte inzwischen schon der Nachmittag eingesetzt - und mit ihm eine wahrhaft sengende Hitze, die zu allem Überfluss von den Weinberghängen reflektiert und hierdurch sogar noch verstärkt wurde.
So verließ ich den Rheinsteig an dieser Stelle und nahm mir den letzten Kilometer vor, der mich jetzt noch von meinem Hotelzimmer in Johannisberg trennte. Dort freute ich mich nicht nur auf eine kühle Dusche, sondern auch schon auf den nächsten Morgen, an dem ich pünktlich mit dem Aufgang der Sonne weiterzuwandern gedachte.
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