Der Rheinsteig (12) Burg Katz, die Loreley und Felsklippe Rossstein

Von Sankt Goarshausen bis Kaub



Donnerstag,
13.06.2024

Kilometer
23,0

Höhenmeter
↑ 758 / ↓ 759

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Startpunkt

Zielpunkt

Hotel Colonius
Bahnhofstraße 37
56346 Sankt Goarshausen

Bahnhof Kaub
Bahnstraße 1
56349 Kaub



"Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, 
Daß ich so traurig bin;
Ein Mährchen aus uralten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist so kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;

Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein."

Kein anderes Lied dürfte so sinnbildlich stehen für den Zauber, der das Herz des Romantischen Mittelrheins umgibt. Und so begleitete mich dieser Ohrwurm auf den 23 Kilometern der heutigen Etappe auch fast durch den ganzen Tag. Da nützten auch alle bisherigen Lobeshymnen nichts, die ich seit meinem Aufbruch in Bonn schon über den Rheinsteig hatte ausschütten können: Die heutige Strecke - offiziell und völlig zu recht zur Königsetappe erhoben - überragte einfach alles. Und als ich tatsächlich den gewaltigen Loreley-Felsen dank des passenden Wetters in der Morgensonne leuchten sah, verstand ich, was Heinrich Heine vor 200 Jahren bei der Schaffung seines "Liedes von der Loreley" empfunden haben mochte. 

Nachdem ich die drei Kilometer lange Passage des "Drei-Burgen-Blicks", mit dem die Königsetappe eigentlich beginnt, spontan noch an das Ende meiner gestrigen Tour gestellt hatte, konnte mein heutiger Aufstieg aus Sankt Goarshausen gleich unterhalb von Burg Katz beginnen. Daran vorbei und noch ein wenig weiter bergan, muss man jenseits des Katzenwaldes noch einen asphaltierten Kilometer durch ein Wohngebiet hinter sich bringen. Dass man sich hier aber schon oberhalb des eigentlichen Loreley-Felsens befindet, ist zu diesem Zeitpunkt kaum zu glauben. Und doch führt der spätere Wiesenpfad über eine grasbewachsene Hochfläche in Richtung jenes Plateaus tatsächlich wieder leicht abwärts. 

Dass dieser einst sagenumwobene Ort inzwischen völlig verbaut ist und ein weiteres Opfer des Massentourismus wurde, überraschte mich nicht wirklich. Immerhin hatte sich so meine Strategie des frühen Aufbruchs bewährt, da das Gelände, als ich es gegen sieben Uhr erreichte, noch völlig verlassen dalag. Ein befestigter sogenannter "Strahlenweg" führt schnurgerade zum maßgeblichen Aussichtspunkt an der Felsenspitze, wo mich dann auch die erst 2023 aufgestellte, neue Loreley-Statue empfing. Gleichwohl nahm sie natürlich keine Notiz von mir, sondern ließ ihren Blick stattdessen unbeeindruckt auf den Rhein gerichtet - mit dem ständigen Ziel, einem weiteren Seefahrer den Kopf zu verdrehen. 

Das Plateau hinter mir lassend, folgte ich dem Rheinsteig nun durch einen Weinberg bis zum Abraham-Brunnen. Nach einer Weile biegt die Route rechts ab und führt geradewegs zu drei wunderbaren Panoramastellen: Dem "Aussichtstempel", dem Spitznack und - mein persönlicher Favorit - die "Felsenkanzel". Letztere liegt am Ende eines fast zugewachsenen abschüssigen Hangpfades und wird scheinbar meist gar nicht gefunden, weil viele den vorgelagerten Aussichtspunkt mit ihr verwechseln. Was schade ist, da das Ensemble von Spitznack und Loreley von dieser Stelle aus absolut magisch wirkt. 

Am "Fünf-Seen-Blick" vorbei bietet sich dann von einer gräsernen Hochfläche aus ein letzter Blick auf Deutschlands berühmtesten Felsen, bevor er sich den Blicken des Wanderers endgültig entzieht. Denn der Weg führt nun abwärts in ein verwildertes Waldstück und überquert dort den Bornichbach. Am Aussichtspunkt Lennig, der in etwa die Hälfte der heutigen Strecke markiert, hatte ich dann eigentlich eine Rast einlegen wollen. Es war aber weniger der plötzlich raschelnd in Bewegung kommende blaue Schlafsack, den ich gerade noch rechtzeitig vor dem Betreten der Schutzhütte erspähte, als vielmehr die aus ihm herausdringenden Laute, die mich abrupt dazu bewogen, es doch lieber mit dem nächsten Rastplatz zu versuchen. 

Der erste Teil dorthin präsentierte sich dank eines steil abwärts führenden Pfades als sehr abenteuerlich; der auf der anderen Seite des Urbachtals einsetzende Aufstieg dann als ausgesprochen strapaziös. Nicht weil er besonders steil war, sondern er sich vielmehr endlos in die Länge zog. Mit dem Erreichen meines neu anvisierten Pausenplatzes war aber auch diese Passage gemeistert. Doch der Rheinsteig ist und bleibt der Rheinsteig - was nichts anderes heißt, als sich auch an diesem Punkt noch steigern zu können.

Dabei beginnt der Pfad völlig undramatisch: Brav schlängelt er sich durch den Wald, bis das Gelände zur rechten immer steiler abzufallen beginnt. Fast hätte die urwaldartige Vegetation davon ablenken können, dann aber geht der Baumwuchs plötzlich im gleichen Maß zurück, wie die Unebenheiten des immer felsiger werdenden Bodens zunehmen. So ist mit einem Mal wieder Trittsicherheit gefragt, und auch das unvermittelt auftauchende Sicherungsseil lässt plötzlich Großes erahnen. Ich griff danach, erklomm die letzten ins Gestein eingetretenen Stufen - und stand auf der Felsklippe Rossstein. 

Nach zahlreichen Jahren des Wanderns kann ich inzwischen auf viele magische Momente zurückblicken: Sonnenaufgänge, die Stille im Wald und unvergessliche Wildtierbegegnungen. Dieser überwältigende Augenblick, gerade noch unmittelbar die zerklüfteten Felsen vor Augen, und dann - urplötzlich - aus schwindelerregender Höhe weit über den Rhein zu blicken, reihte sich sofort an einem der vordersten Plätze in sie ein. Von der anderen Seite des Rheintals grüßte Oberwesel zu mir her und ganz weit hinten erkannte ich sogar schon - von hier aus winzig klein und dennoch unverwechselbar - die alte Zollburg "Pfalzgrafenstein".

Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich mich sattgesehen hatte und den Weg wieder aufnahm. Der wendet sich nun vom Rhein ab, gewinnt aber auch dabei (und immer noch als Felsenpfad) vorerst weiter an Höhe. Schließlich geht er in einen Wiesenweg über und strebt mit der "Hahnenplatte" der nächsten Schutzhütte zu. Hier vollzieht sich dann erneut ein Landschaftswechsel hin zu einer sanft geschwungenen Hochebene, auf der die Schwedenschanze endlich den höchsten Punkt dieser Etappe einnimmt. 

Der Ort Dörscheid leitet den langgezogenen Abstieg nach Kaub ein, der dabei noch einmal eine weitere, etwas heiklere Hangpassage beinhaltet, aber für den Fall der Fälle auch eine gefahrlose Alternativroute bereit hält. Spätestens beim Erreichen des asphaltierten Weinbergwegs ist dann aber auch diese Herausforderung gemeistert, und es geht zügigen Schrittes auf Kaub zu. Die letzten Höhenmeter werden über eine kleine Weinbergtreppe bewältigt, die durch den Torbogen des "Leiterberger Turms" als Überreste der alten Kauber Stadtbefestigung führt.  

Am Ende hatte ich, auf meinen Zug wartend, noch eine Weile Gelegenheit, das mitten im Rhein liegende "Pfalzgrafenstein" auf mich wirken zu lassen - diesmal aus unmittelbarer Nähe. Ein würdiger Abschluss für diese wahrhaft königliche Etappe, dachte ich mir. Und auch, wenn ich die 42 Rheinsteig-Kilometer der letzten beiden Tage nun deutlich in meinen Beinen spürte: Noch nie war ich so sicher gewesen wie jetzt, mein Ziel in Wiesbaden zu erreichen. 


Der Weg beginnt mit einem eindrucksvollen Blick
auf Burg Katz

Unscheinbarer Weg aus St. Goarshausen hinaus

Der Heilige Goar

Die Pforte von Burg Katz

Burg Katz und die Orte St. Goar (l.) und St. Goarshausen (r.)

Erster Blick auf die Loreley

Auf dem Weg zum Loreleyfelsen

Die neue, von 2023 stammende Loreley-Statue

Kleine Raststelle am Abrahambrunnen

Die "Aussichtskanzel"

Traumhafter Blick auf die Südseite der Loreley

Der markante "Spitznack"

Die "Felsenkanzel" am Ende des Pfades

Ein grandioses Ensemble: Spitznack und Loreley

Langsam bleibt die Loreley hinter mir zurück

Aussichtspunkt Lennig

Abstieg ins Tal des Urbachs

Angekommen am Urbach

Nun setzt ein langanhaltender Anstieg ein.

Am Bodendenkmal "Burg Herzogenstein"

Der Ausblick von der Felsklippe Rossstein ist sagenhaft.

Ganz in der Ferne ist die Rheinburg "Pfalzgrafenstein" erkennbar.

Blick auf Oberwesel

Die "Schwedenschanze", der höchste Etappen-Punkt.

Dörscheid

Ein weiterer schöner Hangpfad kurz vor Kaub

Die frühere Zollburg "Pfalzgrafenstein" bei Kaub

Burg Gutenfels

Über eine Weinbergtreppe geht es nach Kaub hinunter.

Der Leitenbergturm ist Teil der alten Stadtbefestigung

"Pfalzgrafenstein", ein schönes Etappenziel.