Schon meine Anreise wäre unter dem Titel "Wie ich dank einer verspäteten S-Bahn eine halbe Stunde früher meinen Startpunkt erreichte" einen Extrabericht wert gewesen. Aber so richtig relevant wurde dieser grandiose Wandertag natürlich erst bei Hermesmühle, denn dort begann ich, für die finale Etappe des Bergischen Wegs einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Über Wiesen und durch kleine Wäldchen hat man es zu Beginn mit einem gemütlichen Anstieg bis Wellesberg zu tun. Auf dem anschließenden Feldweg nach Brennerscheid passiert man nur wenig später ganz unscheinbar die Grenze von Hennef nach Königswinter. Was in diesem Fall deshalb so bedeutsam ist, weil damit gleichzeitig auch der offizielle Wechsel vom Bergischen Land ins Siebengebirge einhergeht.
Im weiteren Verlauf dominieren Wälder, während zwischenzeitlich die Orte Willmeroth und Nonnenberg durchquert werden. Das Höhenprofil fällt währenddessen noch kaum ins Gewicht. Im Tunnel, durch den man später auf die andere Seite der A3 gelangt, hatten sich dann allerdings drei Schafe breit gemacht, die sich, in Anbetracht der dortigen Enge und - offenbar auf der Suche nach Schatten - nicht gerade begeistert von meinem Erscheinen zeigten und mir nur widerwillig Platz machten.
An einem Soldatenfriedhof vorbei, folgen wenig später erneut sonnige Wiesen und Felder, bevor das eigentliche große Waldgebiet des Siebengebirges beginnt. Hier, an einer Sechs-Wege-Kreuzung, nutzte ich die 1968 erbaute "Wehrhütte" für eine Rast.
Die folgenden zwei Kilometer führt der Weg nun leider über eine breite "Forstautobahn" bis zum Löwenburger Hof. Über die dortige große Obstwiese hinweg hat man einen tollen Panoramablick in die Ferne, von denen auch diese Etappe noch einige mehr bereit hält.
Der Löwenburger Hof markiert dann auch den Punkt, ab dem es mit der Einsamkeit schlagartig vorbei ist (zumindest, wenn man sich von hier aus in westliche Richtung weiterbewegt). Quasi als Entschädigung dafür knickt der Bergische Weg aber schon bald von dem breiten Forstweg ab und führt auf einem herrlichen Hangpfad über den 329 Meter hohen "Ölender" und den "Kleinen Breiberg" (288 Meter).
Dann geht es kontinuierlich bergab, bis zum tiefsten Punkt der Etappe. Wohl wissend, dass man die zahlreichen Höhenmeter auf der anderen Seite schon bald wieder hinauf muss. Denn von einer Stelle aus ließ sich der Drachenfels schon sehen. Und kündigt damit (im Grunde nur zwei Kilometer vor dem Ziel) eindrucksvoll an, welch kolossalen Aufstieg man auf dieser kurzen Restdistanz noch vor sich hat.
Der beginnt mit einem anfangs noch moderat ansteigenden Asphaltweg und führt mit dem Ulanendenkmal zunächst zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen ersten tollen Blick auf den Rhein erhält. Hier setzt dann ein steiler Bergpfad ein, der es noch einmal so richtig krachen lässt und letztmalig ein gehöriges Maß an Kondition abverlangt. Hoch und höher windet er sich, schmal, steil, über mehrere Haarnadelkurven, felsige Anstiege und Stufen den Berg hinauf. Bis man die Siegfried-Kanzel erreicht, deren Aussicht einem schier den Atem verschlägt.
Es ist die Krönung all der Dinge, mit denen der Bergische Weg auf seinen 260 Kilometern von Essen bis hierher begeistert hat. Ich vergaß die Anstrengung, die mancherorts strapaziösen Phasen und auch den einen oder anderen leise vor mir hin gemurmelten Fluch. Jetzt genoss ich nur noch den Blick auf das Rheintal. Genau hier, wo der Strom die malerische Insel Nonnenwerth umfließt. Und ich war versucht, mich gar nicht mehr davon abwenden zu wollen.
Es war dieser besondere und auch letzte ruhige Moment, den ich bewusst dafür nutzte, emotional mit dieser tollen Wanderung abzuschließen. Offiziell nämlich steht der letzte Etappenstein noch ein paar Stufen höher, auf der Panoramaplattform des Drachenfels. Und obwohl ich mich angesichts der Gastronomie- und Souvenirläden vorsichtshalber schon auf Schlimmes eingestellt hatte, trafen mich die dortigen Menschenmassen trotzdem fast wie ein Faustschlag. Aber durch die Drachenfelsbahn ist es nun einmal auch ein auf deutlich bequemere Art zu erreichender Ort.
Mein Fazit ist jedenfalls das eines wunderbaren Wanderwegs, der eigentlich nur dort ein paar punktuelle Schwächen zeigt, wo man seine Route zugunsten kleinerer Pfade besser hätte gestalten können. Er führt durch zahlreiche Naturschutzgebiete, auch wenn er sich nie wirklich weit von einer noch so kleinen Ortschaft entfernt. Trotzdem suggeriert er gekonnt das schöne und angenehme Gefühl, in einsamen Gegenden unterwegs zu sein. Auch die Beschilderung ist bis auf wenige kurze Abschnitte eigentlich tadellos. Dennoch ist es kein Fehler, auch den Track als zusätzliches "Backup" mit sich zu führen.
Ich bin dankbar für das, was ich in den letzten fünf Monaten auf diesem Wanderweg sehen und erleben durfte. Und schon ertappe ich mich wieder bei der Frage: "Welcher jetzt?"
Startpunkt: Bushaltestelle "Hermesmühle", 53773 Hennef (Sieg),
Zielpunkt: Bahnhof Königswinter, Bahnhofsallee, 53639 Königswinter.
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