Vor fünf Jahren meinte ein Wanderer aus der Community in seinem Bericht über die Hermannshöhen: "Den Eggeweg kann man laufen, muss man aber nicht". Heute sage ich: "Doch, man muss". Zumindest wenn man nichts verpasst haben will. Denn auch wenn sich das Landschaftsbild des ursprünglich von Wald dominierten Eggekamms durch unzählige Abholzungsorgien fundamental verändert hat, die Natur bleibt immer fähig, mit Großem Kino zu begeistern.
Den Beweis lieferte sie heute schon kurz nach unserem Aufbruch in Herbram-Wald, wo uns an der sogenannten "Hexenküche" ein malerischer Sonnenaufgang empfing. Gleichzeitig hielt sich zu Füßen des schroff abfallenden Egge-Osthangs noch ein hartnäckiger Bodennebel, der die Szene noch magischer machte.
Von hier aus führt der Kammweg des Eggegebirges weiterhin durch eine meist offene Landschaft und zwischen Farnwiesen hindurch in südliche Richtung. Und erst der Fernmeldeturm von Willebadessen ist nach sechs Kilometern der nächste Ankerpunkt.
Hat man die Schlucht der "Alten Eisenbahn" passiert, findet man links des Weges bald den "Kleinen Herrgott". Es sind die Überreste eines Steinkreuzes, das Karl der Große bei der Einführung des Christentums errichtet haben soll.
Dann kündigt ein Wegweiser zum "Klippenweg" einen wirklich spektakulären Pfad an. Der führt für anderthalb Kilometer unmittelbar an der Kante des zerklüfteten Egge-Oststeilhangs entlang und bietet nicht nur markante Felsformationen, sondern in östliche Richtung auch atemberaubende Weitsichten.
Noch während man sich auf dem Klippenweg befindet, ist "Bierbaums Nagel" zu erspähen. Der steinerne, von Julius Bierbaum im Jahr 1849 errichtete und mit 13,5 Metern heute nur knapp aus den Baumwipfeln hervorragende Aussichtsturm ist gleichzeitig der älteste von Ostwestfalen. Seinen Namen verdankt er auch der Tatsache, dass er wie ein gewaltiger, aus der Landschaft sprießender Nagel aussieht.
Dort, wo sich der Eggeweg später nach Westen wendet und auf die B 68 zuläuft, wird er als breiter Schotterweg vorübergehend etwas langatmig. Das ändert sich aber, wenn die Wegführung den sogenannten Bördenweg zugunsten eines kleinen Waldpfads wieder verlässt. Und sofort fühlt man sich zwischen den dicht stehenden Bäumen wieder entschädigt.
Schließlich steht man auf der "Nadel", einem 413 Meter hohen Berg, über dessen Südseite nun ein spannender, aber auch äußerst steiler Abstieg erfolgt. Und ganz unten im bewaldeten Tal begegnet man "Roters Eiche", einem nach einem Forstmann aus dem 19. Jahrhundert benannten Riesenbaum. Eine verwitterte Steininschrift zeugt noch davon.
Wenig später gilt es, die gerade erst abgestiegenen Höhenmeter wieder nach oben zu kommen. Keineswegs steil, aber dafür zieht sich der Anstieg über fast drei Kilometer beharrlich hin. Oben wartet dann eine besonders für Kinder spannende Attraktion: Ein Hörmuseum mitten im Wald, wo sich der mittelalterliche Ort Blankenrode ursprünglich befand und jetzt akustisch wieder zum Leben erweckt wird.
Gut einen Kilometer weiter erreicht man dann das Blankenrode der Gegenwart. Hier endete nach 28 Kilometern unsere vorletzte Etappe über die Hermannshöhen. Und schon jetzt machte sich ein wenig Wehmut bemerkbar. Denn bis zum finalen Ziel in Marsberg sind es von hier aus nur noch 15 Kilometer.
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