Wie ein stilles Gewässer wirkt die Rur an der Stelle, von wo aus ich ihr heute auf der zweiten von insgesamt zwölf Etappen nachgewandert bin. Aber als ich diesen östlich des belgischen Herzogenvenns im gefühlten Nirgendwo gelegenen Ort erreichte, hatte ich bereits 12 Wanderkilometer hinter mir.
Denn um die Kosten für ein Taxi zu sparen und gleichzeitig auch mehr von dieser tollen Landschaft zu sehen, gestaltete ich meine ursprünglich als Einwegstrecke geplante Route zum Rundweg um und startete dort, wo ich ursprünglich nur anzukommen gedachte: in Monschau. Das ermöglichte mir auch, schon auf den ersten beiden Kilometern einen wunderschönen Waldpfad und mit ihm die Teufels- und Engelsley mitzunehmen (allerdings nicht mit jenen bei Altenahr zu verwechseln).
Von diesen Aussichtspunkten führte ein steiler Pfad zu einem Campingplatz hinunter und zur B 258, über die man aber schnell zu einem weiteren Waldweg gelangt. Es folgt eine wunderschöne Hochfläche, auf der zahlreiche Fernsichten zu genießen sind, während man sich auf teils unbefestigten Wirtschaftswegen fortbewegt.
Von dem für heute angekündigten Hitzepeak von 40 Grad war trotz des makellosen Sonnenscheins um diese frühe Uhrzeit noch nichts zu spüren. Ganz besonders nicht, als ich wenig später durch das tiefer gelegene Kalterherberg wanderte. Offenbar genießt der Ort seinen Ruf als Nordrhein-Westfälischer "Kältepol" zurecht.
Westlich von Kalterherberg setzen sich die Feldwege fort und führen auf die Deutsch-Belgische Grenze und der Vennbahn zu. Einem Fernradweg, der aus der früheren Trasse einer zur Zeit Preußens gebauten Eisenbahnlinie zwischen Aachen und Luxemburg entstand. Während die eigentliche Trasse nördlich von Küchelscheid belgisches Hoheitsgebiet bleibt, befindet man sich auf den dortigen Randstreifen beiderseits aber schon in Deutschland. Historisch ist dieses Kuriosum auf die Grenzkorrekturen und Gebietsabtretungen nach dem Ersten Weltkrieg zurückzuführen.
Ich überquerte die Vennbahn, blieb danach aber in Belgien, weil die Grenze genau hier bei Küchelscheid von ihr abknickt. Bald darauf gelangte ich nach links auf einen Waldpfad, der hinter einem Schlagbaum mitten durch einen früheren und jetzt dem Verfall preisgegebenen Campingplatz führt.
Nach einem Kilometer mündet dieser spannende, aber teils auch unheimlich wirkende Pfad auf einen schmalen Asphaltweg, dem ich in südliche Richtung folgte, um wieder zur Vennbahntrasse zurückzukommen. Ich überquerte sie erneut, ebenso wie die parallel verlaufende Rurstraße (N 669). Auf der anderen Seite gönnte ich mir dann noch einen Bogen durch ein weiteres Waldgebiet und über den dortigen "Regenberg".
Zurück an der Rurstraße erreicht man das "Monument Devisser", das an Korporal Charles Devisser erinnert, der beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1940 erschossen wurde, nachdem er vier seiner Kameraden zuvor noch den Rückzug ermöglichte. Auch ein nicht weit von hier neben der Vennbahn als Ruine erhaltenes Wachgebäude erinnert daran.
Kurz nach dem Monument hatte ich dann den schon erwähnten, ersten nennenswerten Blick auf die Rur. Ihrem Lauf von hier aus zu folgen, ist dank der Vennbahn-Trasse zwar einfach, dennoch bleiben die Möglichkeiten, einen Blick auf sie zu werfen, auf den nächsten vier Kilometern begrenzt. Das änderte sich, nachdem ich meine Route bei Küchelscheid erneut gekreuzt hatte und kurz darauf auf den unbefestigten Rurweg wechselte.
In Höhe der Norbertuskapelle, wo an der L 106 gerade die Reichensteiner Rurbrücke erneuert wird, war es dank der Riesenbaustelle ein wenig chaotisch, aber schließlich fand ich den Weiterweg. Und spätestens, wenn man einen Kilometer später links abgebogen ist und die Rur auf einer Holzbrücke überquert hat, wird sie auch auf dieser Etappe endlich zur Hauptdarstellerin.
Wie ein Gebirgsbach plätschert sie hier über die glattgewaschenen Steine, so flach, dass man derzeit an vielen Stellen problemlos ans andere Ufer gelangen kann. Und ein herrlicher Waldpfad begleitet das traumhaft schöne Flüsschen für etwa drei Kilometer unmittelbar.
Kurz hinter der Fischerhütte zweigt nach links dann der Aufstieg zur Ehrensteinsley ab, die man sich nicht entgehen lassen sollte - hat man von oben doch einen atemberaubenden Blick über die reich bewaldete Umgebung. Hier oben auf dem Felsen allerdings, wo keine Bäume Schatten spendeten, machte sich die heftige Hitze des heutigen Tages aber doch mehr als deutlich bemerkbar.
Anschließend war es nur noch einen Kilometer bis nach Monschau zurück. Wo ich mir erstmal ein dickes Eis gönnte :-)
Erstelle deine eigene Website mit Webador